Sonntag, 11. Dezember 2011

Katastrophenalarm oder Medienhype?

Hallo meine Lieben!

Zur Zeit gibt es in den hiesigen Medien fast nur ein Thema: Der Mullaperiyar-Damm droht zu brechen!
Dieser Damm ist Keralas größter Damm und führt nach Angaben aus dem Internet 443 Millionen m³ Wasser. Wenn er tatsächlich brechen sollte sind zehntausende von Menschen in Gefahr und ein Drittel Keralas könnte unter Wasser stehen. Unter anderem auch der Kottayamdistrikt, in dem ich wohne.

Kerala vorher - nachher 

Die Situation ist deshalb so gefährlich, da der, noch aus Zeiten der englischen Kolonie stammende Damm schon vor ca. 60 Jahren hätte erneuert werden müssen. Dieser ist nämlich mittlerweile schon 116 Jahre alt und besteht demnach aus völlig veraltetem Material. In der letzten Zeit hat es in der Region vermehrt Erdbeben gegeben, die unter anderem auch in Moolamattom spürbar waren. In der Dammmauer ist ein Riss und zu allem Übel hat es unüblicherweise sehr viel geregnet und der Damm führt zur Zeit mehr Wasser als er eigentlich tragen kann. Alles wirklich keine günstigen Faktoren.

Die Keralesen wollen schon seit vielen Jahren einen neuen Damm bauen, doch leider hängen an der ganzen Sache Verträge mit Tamil Nadu und die Tamilen sind strikt gegen den Bau. Zwar ist der Damm geographisch gesehen in Kerala, doch ist die Nutzung in Tamil Nadus Hand. Eine Erneuerung des Dammes würde auch eine Erneuerung des Vertrages bedeutet, was wiederum eine Erhöhung der Zahlungen an Kerala zur Folge hätte. Was interessieren einen da Menschenleben, wenn es doch um Geld geht?

Mullaperiyar Damm 

Die Frage ist für mich, wie ernst ist die Lage wirklich? Die oben beschriebenen Umstände sind Fakten. Doch wie gefährlich ist es? Oder wird aus der Sache etwas Großes gemacht, damit die Tamilen endlich nachgeben einen neuen Damm zu bauen? Wie groß ist die Wassermenge und würde die Tsunamie ähnliche Welle im Ernstfall auch Vettimukal mitreißen?

Als ich davon durch Zufall mitbekommen habe, ist in mir zunächst einmal Panik aufgekommen. Ich habe Bilder gesehen, auf denen gezeigt wird, welcher Bereich unter Wasser stehen würde und das wären, sollte man dem ganzen Glauben schenken, 5 Distrikts, in denen an die 3,5 Millionen Menschen leben. Ich komme mir, wenn ich an die Situation denke, vor, als wäre ich in einem schlechten amerikanischen Katastrophenfilm und doch ist es die Realität. Man malt sich im Kopf die schlimmsten Szenen aus und fragt sich was man im Fall der Fälle tun würde.

So könnte ein Filmplakat des ganzen aussehen

Die Inder gehen an die Sache sehr gemächlich heran. Ich habe mal gefragt, ob sie denn keine Angst hätten und ich bekam die Antwort: Wenn es passiert, dann passiert es. Zu Beginn habe ich nicht verstehen können wie man in dieser Lage so reagieren kann. Aber mittlerweile kann ich es ansatzweise nachvollziehen. Was sollen die Leute denn hier machen? Panik verbreiten und fliehen? Die Möglichkeit haben die meisten Menschen hier gar nicht. Was ist denn auch mit der Arbeit, dem Haus und allem weiteren? Was vor allem wenn gar nichts weiter passiert? Wirklich sicher ist es erst wenn der neue Damm steht und der Bau würde auch mehrere Jahre brauchen. Ich habe mich ein wenig von der ruhigen Art der Keralesen anstecken lassen. Wäre ich vor einer Woche noch gerne ins Flugzeug gestiegen, verdränge ich zur Zeit die Gefahr und bete einfach, dass nichts passieren mag.

Es bräuchte zumindest ein stärkeres Erdbeben um den Damm zum Brechen zu bringen und dann besteht noch die Hoffnung, dass der nächste Damm, der Idukki-Damm, das Wasser halten kann. Aus diesem wird zur Zeit Wasser abgelassen. Aber irgendwie zweifel ich doch sehr daran, dass er es tun würde.
Mir wurde berichtet, dass das Wasser bis hier her ca. 5 Stunden brauchen würde und doch könnte man wahrscheinlich eh nichts machen, da alle zur gleichen Zeit in ihr Auto steigen würden und versuchen würden, von hier wegzukommen.

Mullaperiyar Damm

Was mich wirklich wütend macht, ist das Verhalten des Nachbarstaates. Ich kann es einfach nicht verstehen, dass man Menschen, die außerdem genauso Inder sind wie sie, in Gefahr  bringen kann und in so einer Situation auch noch überlegen muss etwas dagegen zu tun! Zur Zeit finden immer wieder neue Verhandlungen statt und zu einem Ergebnis kamen sie bislang dennoch nicht. Am 15. oder 16.12. findet dann eine größere Sitzung statt. Ich bin gespannt was diese ergibt. Es wird auf jeden Fall langsam Zeit, dass etwas getan wird. Ungefährlicher wird die Situation nämlich ganz sicher nicht.

Streik für einen neuen Damm

Im Moment bin ich so weit, dass ich hier bleiben werde. Wenn allerdings meine Angst zu groß wird und die Situation ernster wird, dann werde ich, "bevor alle Dämme brechen", vorzeitig nach Deutschland zurückkehren.

Macht euch bitte keine größeren Sorgen um mich! Betet einfach dafür, dass die Katastrophe ausbleibt, rechtzeitig eine Lösung gefunden und ein neuer Damm gebaut wird!

Alles Liebe und eine schöne Adventszeit!
Eure പ്രിയ 

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