Freitag, 23. September 2011

Was bisher geschah...

Hallo meine lieben Leser!

Wahnsinn, dass schon wieder eine Woche vergangen ist! Es kommt mir vor wie gestern, dass ich den letzten Rückblick geschrieben habe. Ich habe wieder einiges erleben dürfen, aber leider kann ich euch nur ein paar wenige Fotos dazu liefern, da die Kamera noch immer nicht wieder einsatzfähig ist. Leider! Es hätte wieder viele tolle Motive gegeben, die ich euch jetzt nur mit Worten beschreiben kann. 

Woche 3: 12.09.-18.09.2011

Natur aus dem Archiv
Am Montag hatte ich den Plan in die Physiotherapie des Krankenhauses hineinzuschnuppern. Nur leider hatten sie an diesem Vormittag keinen einzigen Patienten, sodass sie mir nur ein paar Geräte zeigen konnten, die sie für ihre Therapien verwenden. Zuvor hatte ich noch die Idee, dass ich dort eventuell etwas mit unter die Arme greifen könnte, aber diesen Gedanken habe ich jetzt erst einmal auf Eis gelegt. Also verbrachten wir die nächste Zeit damit ein wenig Malayalam zu üben und eine der Schwestern schnitt mir kurzerhand die Spitzen meiner Haare mit einer Schere, die eigentlich für das Schneiden von Verbandsmaterial gedacht ist. Man erlebt immer wieder neues! ;)
Zwischenzeitlich kam Schwester Merly (die kleine, es gibt insgesamt drei) vorbei und meinte, dass sie mich unbedingt einem Mädchen vorstellen müsse und stellte mich somit Sneha vor, die, wenn ich es richtig verstanden habe, im Konvent aufgewachsen ist, da ihre Eltern früh verstorben sind. Sie kümmerte sich auf Station gerade um eine ältere Ordensschwester. Eigentlich studiert sie aber Journalistik und gemeinsam versuchten wir das Malayalam-Alphabet anzugehen. Ich stellte erneut fest, dass es für deutsche Ohren sehr schwer ist die Unterschiede zwischen einzelnen Lauten zu hören. Bei uns gibt es nur ein „k“, in der Sprache hier allerdings gefühlte zehn verschiedene.
Nachmittags ging ich dann in die Männerabteilung der Psychiatrie. Ich hatte gehört, dass dort ein „deutscher Inder“ wegen Alkoholsucht wäre und ich dachte mir, dass es eine nette Idee wäre ihn zu besuchen. Das tat ich also auch und ich muss sagen, dass es eine Erfahrung für sich war. In der Abteilung gibt es ca. 150 Betten für Alkoholabhängige oder psychisch Kranke. Die meisten „Insassen“ (so kamen sie mir vor, so eingesperrt mit Gittern vor den Fenstern usw.) schliefen, schauten fern, lagen im Flur herum oder lasen etwas. Mehr kann man auf der Station auch nicht machen. Umso erfreuter war Thomas, der als Kind von deutschen Eltern adoptiert wurde also über meinen Besuch. Wir unterhielten uns über alles mögliche, hauptsächlich über seine Lebensgeschichte und ich fand es schon erstaunlich, dass man nach so vielen Jahren in Deutschland in die alte Heimat zurückkehrt, an die man sich nicht mal mehr richtig erinnert. Mittlerweile ist er mit einer Inderin verheiratet, hat zwei Kinder und eine eigene Kardamomplantage. Er bedankte sich zum Schluss einige Male bei mir und der Ordensschwester, die den Besuch möglich gemacht hat. Anschließend bekam ich noch eine kleine Führung durch die Abteilung, wobei uns ein Patient auf Schritt und Tritt folgte, was mir schon ein wenig unheimlich war, zudem er recht nah an einen herantrat.
Ich war also froh, als ich die Station wieder verlassen konnte und bekam anschließend die Gelegenheit einen der Priester, Father Sabu, besser kennenzulernen. Ich hatte schon an ein paar seiner Gottesdienste teilgenommen aber noch nicht mit ihm persönlich gesprochen. Es war ein angenehmes Gespräch und ich fragt ihn gleich, ob er eventuell eine Aufgabe für mich wüsste. Er antwortete, dass er einen Projektplan erstellt habe und diesen für Spendengelder nach Deutschland schicken wolle und ob ich diesen eventuell übersetzen könne. Ich antwortete, dass ich es gerne versuchen werde. Außerdem fragte er mich ob ich ihm Deutschunterricht geben würde und ich stimmte natürlich zu. So einigten wir uns darauf am folgenden Montag mit gegenseitigem Unterricht in der jeweiligen Muttersprache zu beginnen. Das war auf jeden Fall ein vielseitiger und vielversprechender Tag!
Lasse nichts unbeaufsichtigt! 
Am Dienstag traf ich mich also gleich mit Father Sabu um das Projekt auf einem USB-Stick abzuholen und mich dann gleich ans Werk zu machen. Mir wurde mal wieder sehr stark bewusst, dass mein gesprochenes Englisch zwar ganz gut zum Überleben reicht, das Vokabular aber zu wünschen übrig lässt, sodass ich sehr froh war, dass ich ein Wörterbuch aus dem Internet nutzen konnte.
Die vergangenen Tage hatte ich mich davor gedrückt meinen Sari waschen zu gehen, aber es war nun so weit und gemeinsam mit einer Schwester machte ich mich ans Werk. Mit einem großen Eimer lassen sich so auch sechs Meter Stoff ohne größere Schwierigkeiten waschen. Das Bügeln ist dabei aber eine andere Sache.. 
Fast den gesamten Tag über wurde ich dann gefragt, ob ich meine „Freundin“ denn schon gesehen hätte. Gemeint war Magdalena, eine deutsche Medizinstudentin, die hier für ein paar Tage Praktikum machen wollte. Ich fand es sehr amüsant, dass sie alle gleich als meine Freundin betitelten, nur weil sie auch Deutsche ist. Gesehen habe ich sie, obwohl sie nebenan wohnte, den ganzen Tag nicht!
Da ich ein wenig Trübsal blies, da heute mein Freund Geburtstag hatte, stürzte ich mich ansonsten weiter in die Übersetzungsarbeit und fand auch Freude daran.

Den Mittwoch Morgen traf ich mich erneut mit Father Sabu, der hatte mir am Vortag, neben der Übersetzungsarbeit auch noch ein paar indische Lieder mitgegeben, aus denen ich mir fünf aussuchen sollte, die mir gefallen. Das habe ich auch getan und er übersetzte eines davon spontan mit mir. Da es aber ein recht poetisches Lied war, stellte sich dies als gar nicht so leicht heraus.
Außerdem traf ich dann am Nachmittag endlich auf Magdalena und Diana, eine weitere Medizinstudentin, die allerdings gebürtige Inderin ist und hier für längere Zeit praktische Erfahrungen sammeln will. Ich unterhielt mich recht viel mit beiden und war froh, dass ich mal wieder mit Leuten in meinem Alter unterhalten konnte! Das fehlte mir sonst schon ein wenig. So ging der Mittwoch dann auch recht schnell vorbei.
Magdalena und ich
Über den Donnerstag habe ich ja in dem Bericht „Was für ein Tag...“ schon recht ausführlich berichtet. Ich kann nur sagen, dass ich seit dem noch nicht wieder so viel gefroren habe und die Sonne auch recht viel scheint! Das Ende der Regenzeit scheint nun doch gekommen zu sein!

Der Freitag stellte sich recht spontan als ein sehr schöner Tag heraus. Schwester Merly (die mittlere) hatte ihren freien Tag und fragte mich, ob wir nicht ein wenig spazieren gehen wollen. Ich willigte natürlich ein. Den Vormittag verbrachten wir zunächst damit meinen Sari in eine Lösung einzulegen, die dafür sorgt, dass der Stoff steif wird. Um die Mittagszeit machten wir uns dann auf nach Moolamattom-City. Dort gingen wir zuerst in die Kirche und Schwester Merly erinnerte mich daran, dass man sich hier, wenn man in eine Kirche kommt, in der man noch nicht gewesen ist, drei Wünsche frei hat. Da ich hier regelmäßig „neue“ Kirchen besuche ist das eine super Sache! :) Anschließend gingen wir den Priester, gleichzeitig der Cousin der Schwester, besuchen. Hier tranken wir etwas und aßen eine obligatorische Banane bevor es weiter zu einer Schule ging, in der einige Schwestern aus einem weiteren Konvent der Sacred Heart Sisters arbeiten. Es ist, wenn ich es richtig verstanden habe, eine Schule für Kinder von der ersten bis zehnten Klasse. Dort wurde ich herumgeführt und es gab recht unterschiedliche Klassenräume. Einige Schüler wurden in einer Art Halle unterrichtet, die einzelnen „Klassenzimmer“ mit einer Holztrennwand von einander abgetrennt. Andere hatten das Glück in normalen Räumen unterrichtet zu werden. Aber an sich war die Schüleranzahl kleiner als ich gedacht hätte. In einer ersten Klasse zum Beispiel waren nur an die 20 Kinder. Ich wurde überall neugierig beäugt und ständig wurde ich nach meinem Namen gefragt. Ich denke trotzdem, dass die Kinder nicht ganz einschätzen konnten wer ich eigentlich bin und woher ich komme.
Nach der Schule besuchten wir dann noch einen weiteren Konvent, in dem die älteren Ordensschwestern untergebracht sind. Ich konnte mich recht wenig unterhalten, da bis auf eine Schwester keiner Englisch sprechen konnte und ich hab mir auf jeden Fall vorgenommen wieder dort hinzugehen um mein Malayalam aufzubessern! Schließlich kann ich dort ja gar nicht anders.;)
Zum Abschluss unseres „Spaziergangs“ gingen wir noch an den Fluss, von dem ich bis dahin gar nicht wusste, dass er existiert. Hierfür mussten wir durch eines der ärmeren Gebiete Moolamattoms gehen, wo viele der Autoriksha-Fahrer leben. Schwester Merly erzählte mir, dass die meisten Häuser erst in den letzten zehn Jahren gebaut worden sind. Der Fluss mit den Bergen im Hintergrund war einfach nur ein Traum und ich hoffe ich kann euch zu einem späteren Zeitpunkt noch ein paar Fotos machen. Eine Hängebrücke gab es auch und ich war sogar so mutig dort drüber zu gehen. Einige der Holzplanken sahen nicht ganz so vertrauenerweckend aus und die Strömung des Flusses war auch nicht unerheblich. An dieser Stelle werden drei verschiedene Wasserläufe vereint und trotzdem hinderte das einen Mann nicht daran von der Brücke dort hinein zuspringen. Wahnsinnig! Aber er ist lebendig wieder ans Ufer gekommen! ;) Als wir dann zurück kamen widmeten wir uns noch dem Sari, der tatsächlich schon wieder trocken war. Ihr könnt euch nicht vorstellen was das für eine Arbeit war den zu bügeln! Schrecklich.. Ich hab mich nur gefragt, wie das die durchschnittliche Inderin macht, die ja nicht nur einen Sari besitzt. 
Abends setzte ich mich dann mit Magdalena zusammen auch, um sie ein wenig über ihre Rundreise in Kerala auszufragen. Schließlich habe ich eine ähnliche Tour mit meinem Freund geplant und ich muss sagen, dass sie mir einige Angst vor dem „Backpacking“ genommen hat!
Stillleben
Den Samstag schien die ganze Zeit die Sonne und irgendwie war ich ein wenig faul. Immerhin wurde mir ein erster Stimmpatient vorgestellt, der gleichzeitig der Vater einer der Schwestern ist. Allerdings ist er schon an die 90 Jahre alt, schon nach kürzester Zeit erschöpft und ich im Bereich Stimme recht unerfahren. Ich gab in dieser ersten Stunde trotzdem mein bestes und bin gespannt was daraus noch wird!
Den restlichen Tag verbrachte ich mit Magdalena, die leider an diesem Tag schon wieder abreiste! Aber sie half mir sehr mich ein wenig abzulenken und nicht ganz so sehr daran zu denken, dass Wiesnbeginn in München war.

Am Sonntag durfte ich dann die kleine Schwester Merly mit in ihren Heimatort begleiten. Es gab etwas zu feiern, da ihr ehemaliger Nachbar vor kurzem zum Bischof geweiht wurde. In Deutschland ist es irgendwie etwas besonderes mal einen Bischof zu sehen und hier ist es in drei Wochen schon der dritte. ;) Abenteuerlich war auf jeden Fall die Reise dort hin. Wir fuhren nämlich mit dem Bus. Hierzu folgt demnächst ein Artikel.
Angekommen besuchten wir erst einmal Schwester Merlys Familie. Das war sehr nett und ihr Vater, der schon recht alt ist und scheinbar kein Kurzzeitgedächtnis mehr hat, fragte mich auch ständig auf Malayalam die gleichen Dinge. Ich fand es recht amüsant, aber ich kann mir vorstellen, dass es für die Angehörigen sehr anstrengend ist, wenn jemand alle paar Minuten fragt welcher Tag heute ist. Auch den Nachbarn und gleichzeitig Cousin und Familie besuchten wir noch.
Die Feier war sehr schön und ich würde euch soo gerne Fotos zeigen! Das ganze zu umschreiben würde wahrscheinlich Seiten füllen. Kurzgefasst, es war eine bunte Feier mit verzierten Regenschirmen, Frauen in rosanen Saris, vielen Kindern, einer Marchingband, vielen drängelnden Indern und natürlich dem frischgebackenen Bischof, der sogar ein wenig deutsch sprechen kann.
Reisen macht mich hier immer sehr müde und ich war froh als der Tag voller Eindrücke dann irgendwann vorbei war.
Die "kleine" Schwester Merly beim lesen deutscher Post
Jetzt aber Schluss mit dem viel zu langen und zu späten Wochenrückblick. Die neue Woche ist auch schon fast zuende.. Herrjeh! Ich hoffe nur, dass ich meine Kamera heile wieder bekomme, damit ich euch demnächst auch alles wieder bildlich zeigen kann.

Also: Auf in den Rest einer neuen spannenden Woche!

Eure പ്രിയ 

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